IKV: Trauer um Prof. Georg Menges

Im Alter von 97 Jahren verstarb am 28. Februar 2021 Prof. Georg Menges, emeritierter Inhaber des Lehrstuhls für Kunststoffverarbeitung und langjähriger Leiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV) an der RWTH Aachen University. Prof. Menges war darüber hinaus Ehrendoktor der Montanuniversität Leoben, Ehrenmitglied des Vorstands der Vereinigung zur Förderung des Instituts für Kunststoffverarbeitung in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen e. V. sowie Träger zahlreicher nationaler und internationaler Auszeichnungen.

Am 28. Februar 2021 verstarb Prof. em. Dr.-Ing. Dr. mont. E. h. Georg Menges (Quelle: IKV)

Prof. Menges wurde in Gernsbach/Baden geboren und studierte nach Kriegsdienst und mehrjähriger Kriegsgefangenschaft ab 1949 Maschinenbau an der damaligen TH Stuttgart, wo er 1955 mit einer Arbeit zum Sprödbruchverhalten von Metallen zum Dr.-Ing. promovierte. Anschließend wechselte er zunächst in die Eisenhüttenindustrie, wendete sich aber schon bald der aufkommenden Kunststoffindustrie zu und wurde 1965 auf den neu eingerichteten Lehrstuhl für Kunststoffverarbeitung der TH Aachen berufen, den er bis zu seiner Emeritierung 1989 innehatte. Gleichzeitig wurde ihm die Leitung des Instituts für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen übertragen.

Schnell etablierte sich Menges als kreativer Impulsgeber und dynamischer Manager des nun rasch wachsenden Instituts und es gelang ihm, zahlreiche Firmen der noch jungen Kunststoffbranche als Kooperationspartner und Mitglieder der IKV-Fördervereinigung zu gewinnen. Sehr früh erkannte er den Nutzen der Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft und entwickelte diese zum Leitbild und Markenkern des IKV. Mit der rasant zunehmenden Nachfrage nach Kunststoffanwendungen entwickelte sich die Kunststofftechnik auch als Wissenschaftsdisziplin und Menges etablierte das IKV als führendes Forschungs- und Ausbildungsinstitut, das sich der gesamten Themenpalette von der Werkstofftechnik über die Konstruktionstechnik bis hin zu den vielfältigen Verfahren zur Ver- und Bearbeitung von Kunststoffen widmet. Dabei entdeckte er neue Entwicklungen und Methoden aus benachbarten Disziplinen für die Kunststofftechnik: In der Motorenforschung begegnete ihm ein Drucksensor, den er in Kooperation mit der Industrie zum Werkzeuginnendrucksensor entwickelte. Er war Pionier der Automatisierung und hat Computer Integrated Manufacturing als Vorläufer zur Industrie 4.0 maßgeblich der Kunststofftechnik zugänglich gemacht – auch wenn er anfangs für seine Bemühungen belächelt wurde, Spritzgießprozesse mit (raumgroßen) Computern zu regeln. Daneben erkannte Menges bereits früh die Chancen, die sich durch den Einsatz numerischer Simulationsverfahren für die Berechnung von Wärme- und Stofftransport in Kunststoffverarbeitungsprozessen ergeben, und entwickelte am IKV entsprechende Programme. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst befasste sich Menges insbesondere mit dem Recycling von Kunststoffen, regte zahlreiche Projekte hierzu an, arbeitete an Patenten und verfasste dazu Bücher.

Die zunehmende Nachfrage nach qualifizierten Kunststoffingenieuren veranlasste Menges, die Einrichtung eines eigenen Studiengangs zu betreiben, und so wurde an der RWTH Aachen 1970 erstmalig an einer Universität die Studienrichtung „Kunststofftechnik“ angeboten. Unkonventionelle Lehrmethoden – so muss aus Gründen der Anschaulichkeit auch mal eine Spritzgießmaschine in den Hörsaal geschafft werden –, eine praxisorientierte Ausbildung und sein besonderes Charisma führten zu regem Zulauf, so dass Menges am Ende seiner aktiven Laufbahn auf über 1.000 in seiner Wirkungszeit ausgebildete Diplom-Ingenieure und mehr als 200 Promotionen zurückblicken kann. Neben einer guten fachlichen Ausbildung war ihm die Entwicklung von Persönlichkeiten wichtig, die in Industrie und Wissenschaft Verantwortung übernehmen können. Mit diesem Anspruch und einem großen Engagement als Mentor und Ratgeber erlangten zahlreiche Absolventen des IKV zentrale Führungspositionen in der Kunststoffindustrie und in der Forschung. Besonders förderte Menges Ausgründungen und begleitete Absolventen und Doktoranden auf dem Weg in die Selbstständigkeit.

Für seine Verdienste um die Kunststofftechnik wurden Menges zahlreiche hohe nationale und internationale Auszeichnungen zuteil. Besonders hervorzuheben, weil sich hierin Breite und Tiefe der Wertschätzung seines Wirkens widerspiegeln, sind die Verleihung des Verdienstkreuzes 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland sowie des Handwerksabzeichens in Gold, die Aufnahme in die Plastics Hall of Fame der Plastics Academy, USA, sowie die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Montanuniversität Leoben.

Die RWTH Aachen, das IKV und die Kunststoffwelt verlieren mit Prof. Georg Menges einen leidenschaftlichen Forscher und Hochschullehrer, einen kreativen Pionier und inspirierenden Gestalter, einen hochgeschätzten Kollegen, Lehrer und Freund.

www.ikv-aachen.de